Viera Jánarčeková: Ein Nachruf

© Archiv von Viera Jánarčeková (wikimedia.commons CC BY-SA 3.0 de)
© Archiv von Viera Jánarčeková (wikimedia.commons CC BY-SA 3.0 de)

Über Twitter und E-Mails erreichte uns letzte Woche die Nachricht, dass unser Vereinsmitglied Viera Jánarčeková am 14. Mai 2023 verstorben ist. Eine Große ist gegangen. Sie hatte ihren zauberhaften und fast ein bisschen verwunschenen Garten so geliebt. In ihm wuchsen die schönsten Pflanzen. Nicht geziert, nicht völlig wild, aber Pflanzen konnten dort frei wachsen. Wie die Noten, die Viera Jánarčeková aufs Papier pflanzte bzw. schrieb. Sie wollte nämlich immer “zur Abenteuerlust ermutigen” mit ihrer Musik, wie die Süddeutsche Zeitung über sie vor drei Jahren schrieb, als Viera Jánarčeková den renommierten E.T.A.-Hoffmann-Preis für ihr Schaffen erhielt.

Vom kletternden Mädchen im Apfelbaum hin zur preisgekrönten Komponistin: 1941 in der Slowakei geboren und mit 31 in die Emigration gezwungen, weil ihr als Regimeunkonforme schlimmste Repressionen drohten, zu einer Arbeitsstelle an der Kirchenmusikhochschule Rottenburg und weiter zu einem Klavier-Aufbaustudium in Luzern (wo sie bei Landsleuten wie Rudolf Firkušný, einem Janáček-Schüler, studierte), über Kanada und dann die letzten 10 Jahre in Bamberg, anfangs mit einem Stipendium.

Als zunächst studierte Pianistin lernte sie über Kurse bei der Cembalistin Zuzana Růžičková noch in Prag die individuelle, aber wohlbegründete und durchdachte Interpretation, besonders über Bachsche Werke. Gefragt, ob sie als Komponistin auf Vorbehalte gestoßen war:
“Dieser schiefe Blick hat sich zum Glück im Lauf der Jahre verändert, dank überzeugender Leistungen vieler Komponistinnen.” Mit solchen war sie als langjährige Teilnehmerin der Darmstädter Ferienkurse und auch mit den Komponistinnen im Internationalen Arbeitskreis Frau und Musik in intensiverem Austausch.

Sie komponierte vom Klavierkonzert bis zu kleinen Besetzungen. Für sie war es wichtig, dass ihre Musik einhergeht mit akustisch-inhaltlicher Selbstbestimmung, einer Synthese von Klang und Geräusch, einem organischen Formfluss, einer untergründigen Dramaturgie und einer Multidimensionalität der Töne. Zu diesem Zweck hatte sie beim Komponieren immer verschiedene Musikinstrumente griffbereit, um damit neue und andere Klänge auszutesten. Ihr Komponieren war auch ein bisschen wie das Streuen von Samen aus einer Wundertüte in den Garten: Wie daraus überraschend schöne Blumen entstehen können, wenn man sie eben nur wachsen lässt. Viera Jánarčeková wusste um das Glück dieser Freiheit. Sie starb am 14. Mai in Großbottwar, unweit von Marbach am Neckar.

In unserem Archiv finden sich von Viera Jánarčeková 90 Medien (Bücher, Aufsätze, Tonträger etc.), darunter 50 Notenwerke.

Zum Weiterlesen:

Zum Hören: Arkádia for bass flute and strings, Quasars Ensemble:


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