Augen zu, lass die Ohren nicht glauben: Maria Theresia Paradis

Maria Theresia Paradis © wikimedia.commons (gemeinfrei)
Maria Theresia Paradis © wikimedia.commons (gemeinfrei)

Text: Catherine Chilliary Chrisanty

In der Zeit der Wiener Klassik finden wir Maria Theresia Paradis (1759–1824), eine blinde Komponistin. Geboren wurde sie in Wien am 15. Mai 1759. Am 1. Februar 2024 feiern wir nun ihren 200. Todestag. Ihre Fähigkeit zu Sehen verlor sie im Alter von ca. 3 Jahren durch ungeklärte Umstände. Ihre musikalische Ausbildung wurde deshalb von Kaiserin Maria Theresia von Österreich bezahlt, da dieser ihr erstaunliches musikalisches Talent aufgefallen war.

Maria Theresia Paradis tourte auch mit eigenen Werken auf einer dreijährigen Europatournee (1783–1786). Mit Hilfe eines eigens für sie angefertigten Notensetzkasten konnte sie nicht nur eigenständig komponieren, sondern auch Briefe schreiben. In ihren letzten Lebensjahrzehnten gründete sie in Wien eine „Musikalische Bildungsanstalt“ für junge Frauen und unterrichtete in ihrer Wohnung.

Eine enge Verbindung bestand zu Wolfgang Amadé Mozart (1756–1791), der ihr sein 18. Klavierkonzert B-Dur KV 456 widmete. Ihre eigenen Kompositionen – zum Beispiel die Abbé Vogler (1749–1814) gewidmeten Fantasien – sind bedeutend, da diese Kompositionen von ihr im Vergleich zu Mozart nicht die „einfachen“ oder „weiblich-gefühlvollen“ Lieder, Balladen oder Singspiele von ‚irgendeiner‘ Komponistin darstellen, sondern von einer mit außergewöhnlich musikalischem Talent begabten Frau. Beide Fantasien entzücken mit wohlgesetzten Dreiklängen, Oktavgängen, Tremoli und Modulationen.

Als Komponistin des ausgehenden 18. Jahrhunderts ist sie neben der Joseph-Haydn-Schülerin Marianne Martines (1744–1812) und neben dem ebenfalls blinden Superstar, der Glasharmonistin Marianne Kirchgessner (1769–1808), deshalb auch ein wichtiges Vorbild für blinde bzw. behinderte Frauen in der Musik.

Eine ihrer wunderbarsten Kompositionen ist die Sicilienne – das bislang bekannteste ihrer Werke –, das durch Jacqueline du Pré (1945–1987) wieder bekannt wurde und zahlreiche Bearbeitungen erfahren hat. Die Sicilienne wurde auch solistisch bei der Hochzeit von Prinz Harry und Meghan Markle gespielt und erfuhr dadurch weltweite Aufmerksamkeit.

2018 wurde ein kleiner Abschnitt zu Maria Theresia Paradis’ zeitweiliger Heilung im Film Licht von Regisseurin Barbara Albert verfilmt. Hier finden Sie einen Trailer dazu:


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Quellen und Literaturempfehlungen:

  • Kirsten Liese: Maria Theresia von Paradis – eine blinde Pianistin der Mozartzeit, in: https://www.deutschlandfunk.de/film-licht-maria-theresia-von-paradis-eine-blinde-pianistin-100.html (abgerufen am 29. Januar 2024).
  • Eva Weissweiler: Marianne Martinez und Maria Theresia von Paradis. Zwei Komponistinnen der Wiener Klassik, in: Eva Weissweiler (Hg.): Komponistinnen vom Mittelalter bis zur Gegenwart. München (dtv) 1999, S. 163–180.
  • Marion Fürst: Maria Theresia Paradis: Mozarts berühmte Zeitgenossin. Köln–Wien (Böhlau) 2005.

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