Benefizkonzert “Frau und Musik” | Kempten 11. März 2023

Fanny Hensel © wikimedia.commons (gemeinfrei)
Fanny Hensel © wikimedia.commons (gemeinfrei)

Samstag, 11. März 2023, 19.00 Uhr, Schöner Saal, Sing- und Musikschule Kempten, Eintritt frei, Spenden erbeten
Zugunsten des Fördervereins der Sing- und Musikschule Kempten mit den Musikerinnen:

Doris Nocka (Violine) | Silvia Winterhalder (Violine/Viola) | Ildiko Moseschvili (Violine) | Elisabeth Dörr (Violoncello) | Verena Wegscheider (Querflöte) | Annette Naumann (Klavier)

Moderation: Mary Ellen Kitchens

Programm:
Clara Schumann (1819–1896): Klaviertrio g-Moll, op. 17 (1846) 1. Allegro moderato 2. Scherzo – Tempo di Menuetto 3. Andante 4. Allegretto
Fanny Mendelssohn-Hensel (1805–1847): Sonate c-moll für Klavier solo (1824): 2. Andante con moto 3. Finale – presto
Amy Beach (1867–1944): Romance für Violine und Klavier op. 23 (1893)
Mél Bonis (1858–1937): Sonate cis-Moll für Querflöte und Klavier op. 64 (1904): 1. Andantino 2. Scherzo – Vivace 3. Finale – Moderato
Elfrida Andrée (1841–1929): Streichquartett d-Moll (1861): 1. Allegro 2. Andante

Frau & Musik
Kreativität und Wirkungsmöglichkeiten von Komponistinnen der Romantik

Das Konzertprogramm bietet einen schönen Einstieg in die Welt der Kammermusik von Komponistinnen in der sog. romantischen Epoche. Entstanden sind diese Kompositionen zwischen den 1820er Jahren und den allerersten Jahren des 20. Jahrhunderts, und zusammen präsentieren sie einige der wichtigsten kammermusikalischen Gattungen dieser Epoche – Solo-Sonate, Duo für Soloinstrument und Klavier, Streichquartett sowie Klaviertrio.

Auch wenn alle der hier vertretenen Tonsetzerinnen Werke für größere Ensembles schrieben, lag ein großer Schwerpunkt ihrer kreativen Tätigkeit bei der Kammermusik – hier existierten schlicht die besseren Aufführungsmöglichkeiten. Vier der fünf Frauen hatten das Klavier als Hauptinstrument erlernt, während Elfrida Andree 1857 als erste Frau in Schweden das Orgelexamen ablegte und ab 1867 bis Ende ihres Lebens Organistin der Domkirche Göteborgs war. Clara Schumann war eine Starpianistin des 19. Jhts, die auch als Klavierpädagogin sehr gefragt war und Amy Beach kam Anfang der 1910er Jahre zu einer dreijährigen Tournee als Solo-Pianistin aus ihrem Heimatland USA nach Europa. Die Expertise dieser Pianistinnen bildet einen roten Faden durch das Programm dieses Benefizkonzerts.

Die Biografien der Komponistinnen sind sehr aufschlussreich, zeigen sie doch auf, mit welchen Hürden es musikschaffende Frauen im 19. und im anfänglichen 20. Jahrhundert zu tun hatten. Selbst diejenigen, die aus künstlerischen Familien stammten, wie Fanny Hensel, mussten sich mit den Vorbehalten ihrer männlichen Verwandten auseinandersetzen. Zitate aus ihren Schriften zeigen auf, dass sie sich trotz nachweisbarer Erfolge z.T. unsicher in ihrer Rolle als Musikschaffende fühlten. Amy Beach sowie insb. Mélanie (“Mel”) Bonis wurden in ihrer künstlerischen Entwicklung auch aktiv gebremst.

Elfrida Andrée und Amy Beach vereint die Tatsache, dass sie beide in den aufkommenden Frauenbewegungen ihrer Heimatländer aktiv waren – Andrée komponierte sogar eine Kantate zum Weltkongress für das Wahlrecht für Frauen, das 1911 in Stockholm uraufgeführt wurde.
Alle Werke des heutigen Programms sind verlegt, Clara Schumanns Trio für Violine, Violoncello und Klavier wurde bereits kurz nach Entstehung 1847 veröffentlicht und auch zu ihren Lebzeiten häufig aufgeführt. Jedoch gerieten viele der Werke dieser und der sehr zahlreichen weiteren Komponistinnen der Romantik (und noch weiterer musikalischer Epochen) spätestens nach dem Tod ihrer Urheberinnen in Vergessenheit. Seit den 1970er und 1980er Jahren wird verstärkt in diesem Bereich geforscht und heute, unter anderem durch die über 2000 Notenausgaben des Furore-Verlags in Kassel, stehen immer mehr Werke von Komponistinnen für die musikalische Praxis zur Verfügung.

Institutionen wie das Archiv Frau und Musik (Frankfurt/Main), musica femina münchen, Musik und Gender im Internet (MUGI) der Musikhochschule Hamburg stellen sicher, dass der große Reichtum an Kompositionen aus Frauenhand immer bekannter werden.
Die Drucklegung von Werken sowie die häufiger damit verbundenen Einspielungen dieser Werke führen nach und nach zum steigenden Bekanntheitsgrad von historischen Komponistinnen. Immer mehr sind diese Kompositionen zum Beispiel im Radio zu hören und ganze Sendungen und auch Monografien arbeiten Biografien und Werkkataloge von Komponistinnen auf. Auf der Suche nach Erneuerungen und Auffrischung ihrer Konzertliteratur sowie aus der Erkenntnis, dass in diesem Bereich etwas entgangen sein könnte, haben einige der größeren Ensembles jetzt begonnen, auch mehr solcher Werke in ihre Saisonplanung einzubringen. Auch gibt es inzwischen pädagogische Projekte zu diesen Themen – es steht zu hoffen, dass bald auch jedes Kind schon ein paar Komponistinnen nennen kann. Empfohlen wird hiermit auch der Besuch des großen Tübinger Musikfests Komponistinnen vom 29. September bis 8. Oktober 2023!

Text:
Mary Ellen Kitchens
Vorstandsfrau Archiv Frau und Musik (Frankfurt/Main), Musikalische Leitung Orchesterverein Kempten