
Hommage à Schostakowitsch – Das Weibliche und Migration in der Musik
Cagla Gürsoy ist Komponistin und Pianistin, sie lebt und arbeitet in Darmstadt-Bessungen. Zwei Sätze einer halsbrecherisch virtuosen Violinsonate hatte sie im Alter von 18 Jahren komponiert. Nun, 12 Jahre später, vollendet sie ihr Werk: ein Satz für Violine solo sowie ein Rondo für Violine und Klavier komplettieren den Zyklus zur Vierteiligkeit. Cagla Gürsoy hat im Alter von nur 11 Jahren das Klavierstudium in ihrer Geburtsstadt Ankara begonnen, mit 14 Jahren dort auch das Kompositionsstudium. Mit 19 Jahren wechselte sie an die Akademie für Tonkunst Darmstadt, später dann nach Paris, wo die bei Prof. Jean-Marie Cottet studierte.
Die Uraufführung der Violinsonate findet, zusammen mit Werken von Ursula Mamlok, Dmitri Schostakowitsch und Sergej Rachmaninow, am Donnerstag, 25. September 2025 um 19:30 Uhr im Theater Moller Haus (Sandstr. 10, 64293 Darmstadt) statt.
Programm:
Ursula Mamlok (1923 – 2016), Suite für Violine und Klavier
Çağla Gürsoy (geb. 1994), Sonate für Violine und Klavier
PAUSE
Dmitri Schostakowitsch (1906 – 1975), Sonate für Violine und Klavier op. 134
Sergej Rachmaninow (1873 – 1943), Vocalise op. 34/14
Ausführende werden die Komponistin selbst am Klavier und die Geigerin Elena Martinez-Eisenberg (geb. 1982 in Tscheboksary/UdSSR) sein; gemeinsam sind sie Duo Passio: www.duopassio.de
Das Duo wurde 2022 als festes Ensemble gegründet und 2023 im Rahmen des Programms NEUSTART Kultur des Deutschen Musikrates gefördert. Duo Passio ist seit seiner Gründung im Musikleben der Wissenschaftsstadt Darmstadt aktiv und übernimmt gesellschaftliche Verantwortung, so veranstaltete das Duo etwa Benefizkonzerte für die Ukraine (März 2022) sowie, mit Unterstützung der Wissenschaftsstadt Darmstadt, für die Erdbebenopfer in der Türkei und Syrien (Juni 2023). Im Juli 2023 war das Duo bei „Klassik meets Jazzkeller“ in Bessungen zu erleben. Im November 2024 hat das Duo die Verleihung des Kesten-Preises im Staatstheater Darmstadt musikalisch umrahmt, auch 2025 sind sie wieder für diese Veranstaltung gebucht. Im Herbst 2025 steht es in Bad Soden und in Eberstadt mit Werken von Korngold, de Falla, Bartók und Gershwin auf der Bühne. Darüber hinaus gestaltete es Konzerte im Schloss Fechenbach im Rahmen der Dieburger Schlosskonzerte (Benefizkonzerte Türkei-Syrien im April 2023; November 2023).
Alle Werke des Abends tragen das Migrantische in sich, sind mithin sogar transitorische Werke: Ursula Mamlok floh 1939, im Alter von 16 Jahren, aus Nazideutschland, zunächst nach Südamerika und danach in die USA. Die karge und knappe Tonsprache ihrer Suite für Violine und Klavier aus dem Jahr 1960 kann als Echo auf den Verlust von Heimat verstanden werden. Cagla Gürsoy emigrierte im Alter von 18 Jahren aus der Türkei nach Deutschland; zwei Sätze ihrer Sonate entstanden noch in der Türkei und auch die Skizzen für den dritten und vierten Satz, die aber erst 2025 in Deutschland ausgearbeitet worden sind. Dmitri Schostakowitsch war quasi Zeit seines Lebens in der Inneren Emigration, um dem Druck des Stalinismus zu begegnen. Seine Violinsonate G-Dur op. 134 entstand 1968, nachdem die kurze „Tauwetter-Periode“ unter Chruschtschow schon wieder Vergangenheit war und der politische Druck auf Künstler:innen wieder stieg. Sergej Rachmaninow schließlich emigrierte kurz nach der Oktoberrevolution, da unter dem Kommunismus für ihn und seine Familie Gefahr für Leib und Leben bestand. Seine melancholische Vocalise op. 34/14 entstand noch vor der Revolution, aber mitten im Ersten Weltkrieg. Das Werk ist eine Bearbeitung eines Stückes für Gesang und Klavier, das aber keinen Text hat – die menschliche Stimme nähert sich also bereits in der Originalfassung der Violine an.
Gefördert wird das Projekt von der Baldur und Rose-Marie Schreiner Stiftung, den HEAG Kulturfreunden, der Sparkasse Darmstadt, dem Darmstädter Förderkreis Kultur, der Dwight und Ursula Mamlok Stiftung (Berlin), der Freigärtnerloge Darmstadt und Privatpersonen.
Termine:
Donnerstag, 25. September 2025, 19:30 Uhr, Theater Moller Haus Darmstadt – Uraufführung
Freitag, 24. Oktober 2025, 19:30 Uhr, Französisch-reformierte Kirche Offenbach
Sonntag, 23. November 2025, 18:00 Uhr, Baltenhaus Darmstadt
Samstag, 29. November 2025, 19:30 Uhr, St. Anna Sulzbach am Main
In allen Konzerten werden um Bar-Spenden für das Archiv Frau und Musik in Frankfurt am Main gebeten.
Zwei weitere Termine in Erfurt und Bad Dürkheim werden noch bekannt gegeben.