Prof. Dr. Eva Rieger zum 80. Geburtstag | 21. November 2020

Der Vorstand des Internationalen Arbeitskreis Frau und Musik e. V. sowie das gesamte Team des Archivs Frau und Musik und seine Mitbegründerinnen gratulieren Eva Rieger herzlichst zum 80. Geburtstag und wünschen ihr alles Gute, Schaffensfreude und Ideen!

vom Geburtstagskomitee des Archiv Frau und Musik – Dr. Birgit Kiupel, Mary Ellen Kitchens, Elisabeth Treydte

Ihr Buch Frau, Musik und Männerherrschaft. Zum Ausschluß der Frau aus der deutschen Musikpädagogik, Musikwissenschaft und Musikausübung war eines der ersten im deutschsprachigen Raum, das die Existenz von Instrumentalistinnen, Komponistinnen und Pädagoginnen in der Musikgeschichte nachwies. Im Vorwort zur zweiten Auflage – im Jahr 1988 – schreibt sie: “Das vorliegende Buch ist ein ‚Lieblingskind‘ unter meinen Veröffentlichungen, obwohl es – oberflächlich gesehen – wenig ausgerichtet hat. Andererseits hatte es von meinen Veröffentlichungen die größte Resonanz. Ich gestehe, daß es mich immer wieder rührt, wenn mir Frauen nach Vorträgen ihre mit Eselsohren und Bleistiftmarkierungen übersäten Exemplare zeigen und erzählen, was ihnen die Lektüre bedeutet”.[1]

Eine Gigantin

Barbara Heller, Eva Rieger und Siegrid Ernst 2016 bei der JHV des Archivs © Eva Brendel

Seitdem sind viele Jahre vergangen, und dieses Buch zählt heute zu den Klassikern der musikwissenschaftlichen Genderforschung. Es gehörte zu den Grundsteinen des Internationalen Arbeitskreises Frau und Musik e. V., aber auch für Eva Riegers weiteren Karriereweg.

Die Komponistin Prof. h. c. Siegrid Ernst, die bereits seit der Vereinsgründung des Internationalen Arbeitskreises Frau und Musik e. V. 1979 mit Eva Rieger befreundet ist, würdigt den Einfluss von Eva Rieger auf ihr Selbstbild und Engagement:

“Bis zu meiner Begegnung mit Eva hatte ich mich als Komponistin sozusagen mit Scheuklappen auf die Durchsetzung in meinem Fachgebiet konzentriert. Ihr für mich oft überraschender Radikalismus gab aber Denkanstöße und löste die Gewissheit aus, dass man genau diesen Impetus mit der Ausstrahlung bereits erfolgreicher ‚Karriere-Komponistinnen‘ im Arbeitskreis bündeln müsse. So wuchs ich bei meiner Vorstandstätigkeit in die Funktion der Vermittlung zwischen Feministinnen und rein berufsorientierten Frauen hinein sowie bei den Männer-dominierten Vereinen wie Deutscher Musikrat, GEMA usw. zur jahrelangen Vertreterin von Frauen-Präsenzansprüchen. Für diesen wichtigen Anstoß hier nochmals ein herzliches Danke!”

Unter der Federführung von Eva Rieger erschien 1983 die erste info – Archivnachrichten, in der es heißt: “Sie [die Zeitschrift] soll der Beginn umfassender Kommunikation der Mitglieder untereinander sein”, verbunden mit dem Wunsch, “daß dieses Informationsblatt künftig den Kontakt untereinander stärken wird.”[2]

Dieser Austausch hat vieles bewegt, wie eine vielstimmige Palette der Reflektion: Von Konzerten, über Tagungen und Publikationen bis hin zu Podiumsdiskussionen.

Grundbausteine

Die ersten Jahre des Archivs Frau und Musik und die Entwicklung der musikwissenschaftlichen Genderforschung im Laufe von vierzig Jahren, ihren engen Bezug zur Frauenbewegung, eine Basis für ihre wissenschaftliche Arbeit, reflektiert sie in einem Interviewprojekt für das Digitale Deutsche Frauenarchiv (DDF). Dabei betont sie die Bedeutung des gemeinsamen Agierens mit den Kolleginnen, gemeinsamem Musizieren durchaus ähnlich.

Ihre Rolle als förderndes und forderndes Mitglied für das Archiv ist unbestritten. Und so wurde sie auch eingeladen, im Jahr 2019 die mitreißende Festrede anlässlich des 40-jährigen Jubiläums des Internationalen Arbeitskreises Frau und Musik e. V. zu halten – im Kaisersaal des Frankfurter Römer:

Festrede von Prof. Dr. Eva Rieger anlässlich des des 40-jährigen Jubiläums des Vereins Internationaler Arbeitskreis Frau und Musik e. V. am 17. November 2019 im Kaisersaal des Frankfurter Römers
Meggie George, Kamera/Schnitt. LUX-AV-Technik GmbH, Tonaufnahme

40 Jahre Archiv Frau und Musik im Kaisersaal/Römer Frankfurt 2019. Zeichnung © Dr. Birgit Kiupel
40 Jahre Archiv Frau und Musik im Kaisersaal/Römer Frankfurt 2019. Zeichnung © Dr. Birgit Kiupel

Ja, über Eva Rieger ist vieles zu berichten. Dazu gehört unbedingt: Ihr anhaltendes Interesse und ihre Begeisterung für neue Ideen in Musikwissenschaft und -praxis. Deshalb unterstützt sie viele kleine und große Projekte im Archiv – ideell und finanziell. Darunter auch das Projekt Wir geben den Ton an! Chancengleichheit für Komponistinnen*, das die Schnittstelle des Archivs zur Bildung und Forschung weiter ausbaut.

Prägende Freundschaften

Ihre langjährige Weggefährtin, die Komponistin Barbara Heller, war in den ersten Jahren der Vereinszeit auf Vortragsreisen mit Eva Rieger und schreibt:

“Weißt Du noch, vor fast 40 Jahren, als wir auf den Zugreisen besprochen haben, welche Musikbeispiele zu Deinem Vortrag über die ausgewählten Komponistinnen als Klaviermusik gut passen? In den Frauenzentren gab es meist nur ein altes Klavier… Wir sind uns auf diesen Reisen näher gekommen, haben permanent neue Informationen zum Thema ausgetauscht, uns unser Wissen vermittelt, und haben vor Begeisterung über jeden neuen Fund oft aus Freude viel gelacht. Dein Humor war ein Geschenk, manches Mal auch in kritischen Situationen. Später, zur Zeit Deiner Professur in Oldenburg, hast Du mir Konzerte und Kurse besorgt bis hin zu Kompositionsaufträgen für Rundfunksendungen. Ich fühlte mich sehr ernst genommen mit meiner Mission, 15 Jahre lang nur Musik von Komponistinnen öffentlich aufzuführen. Besonders bedanken möchte ich mich bei Dir, dass Du auch zu den Konzerten gekommen bist und mich mit Deiner Anwesenheit geehrt hast.”

Barbara Heller sendet Eva Rieger zum Geburtstag einen musikalischen Gruß, das für Eva Rieger komponierte Abendlied (PDF):

Musikalische Grüße

Vivienne Olive © Volker Blumenthaler
Vivienne Olive © Volker Blumenthaler

Auch die Komponistin Prof. Dr. Vivienne Olive würdigt Eva Rieger und ihre Freundschaft mit einer Komposition und ergänzt in einem Begleitbrief:

“Vivienne Olive: Zum 80. Geburtstag von Eva Rieger

Zum 60. Geburtstag von Eva Rieger habe ich ein kleines Perpetuum Mobile komponiert. Jetzt, 20 Jahre später kehre ich zu einem “alten” Stil zurück – wir sind ja beide nicht mehr die jüngsten! – und habe ein Menuett für Eva geschrieben. Wie damals habe ich die brauchbaren Buchstaben von Evas Namen verwendet, ein Motiv daraus entwickelt, und so ist ein Geburtstagsstück entstanden (die brauchbaren Buchstaben sind wirklich nicht besonders inspirierend: E und A – und, Gott sei Dank! – ein G).

Eva – mir immer 10 Jahre voraus – war ein großer Einfluss in meinem Leben. Ich habe sie bei der Gründung vom Archiv Frau und Musik kennengelernt, und wir haben uns seitdem nie aus den Augen verloren. Eva hat mich immer unterstützt, ich konnte mich immer auf sie verlassen – und was ich immer an ihr besonders geschätzt habe, ist ihr wundervoller Humor. In England aufgewachsen hatten wir beide was gemeinsam, und auch wenn es oft um ernsthafte Themen ging, konnten wir immer zusammen lachen.

Man hat mich gebeten, vielleicht ein paar Anekdoten zu erzählen. Es tut mir leid – es gäbe einfach zu viel! Deswegen habe ich mich entschieden, das zu machen, was ich am besten kann: ein kleines Geburtstagsstück zu schreiben, als Dankeschön für all die wunderbaren Jahre der Freundschaft.

Happy Birthday, Eva!

Alles Liebe von Deiner Vivienne”

Menuett für Eva von Vivienne Olive für Eva Rieger zum 80. Geburtstag
Uta Walther, Klavier. Meggie George, Kamera/Ton/Schnitt. Link zu den Noten als PDF

 

Das Archivteam gratuliert Eva Rieger von Herzen!

Team des Archivs Frau und Musik mit Vivienne Olive und Barbara Heller bei der Jubiläumsfeier im Frankfurter Römer 2019 © Eva Brendel
Team des Archivs Frau und Musik mit Vivienne Olive und Barbara Heller bei der Jubiläumsfeier im Frankfurter Römer 2019 © Eva Brendel

Einzelnachweise

[1] Rieger, Eva (1988): Frau, Musik und Männerherrschaft. Zum Ausschluß der Frau aus der deutschen Musikpädagogik, Musikwissenschaft und Musikausübung, Furore Verlag, 2. Auflage. Kassel 1988.

[2] Internationaler Arbeitskreis Frau und Musik e. V. (Hg.): frau und musik, 1. Jahrgang, Nr. 1/1983, Frankfurt am Main, S. 1.

Porträt Eva Rieger: © Robert Michael

2 Gedanken zu „Prof. Dr. Eva Rieger zum 80. Geburtstag | 21. November 2020“

Schreibe einen Kommentar