Frauenanteil Berufsorchester | Studie zur Saison 2019/2020

Das Archiv Frau und Musik Frankfurt/Main und musica femina münchen veröffentlichen einen Bericht über Frauen in exponierten Positionen in deutschen Berufsorchestern

Das Archiv Frau und Musik und musica femina münchen haben einen gemeinsamen Bericht veröffentlicht, der die Diskrepanz zwischen männlicher und weiblicher Repräsentation in deutschen Berufsorchestern weiter verdeutlicht, verfasst von Bundeskanzler-Stipendiatin Melissa Panlasigui.

Die Studie untersuchte den Gender Gap in Berufsorchestern sowohl in den Führungspositionen als auch im Konzertgeschehen, indem Personal- und Konzertdaten der Saison 2019/2020 gesammelt und ausgewertet wurden. In den Führungspositionen des/der Generalmusikdirektors/Generalmusikdirektorin und der Intendant*innen lag der Frauenanteil bei 8 % – eine Zahl, die weit unter dem deutschen Bundesniveau von 27 % Frauen in Führungspositionen laut Bundesagentur für Arbeit (2019) liegt.

Es wurden die Daten von 120 Orchestern mit über 2000 Konzerten und mehr als 6800 Aufführungen von einzelnen Werken analysiert, um Statistiken über die Repräsentanz von Frauen als Komponistinnen und Dirigentinnen zu gewinnen. Bei den Abonnementreihen wurden in weniger als 2 % der Programme Werke von Komponistinnen aufgeführt. Der Anteil von Komponistinnen bei der Programmgestaltung zeitgenössischer Musikserien betrug jedoch 13 %. Dieser Unterschied ist erklärbar u. a. durch die relativ höhere Repräsentanz von Frauen unter lebenden Komponist*innen sowie durch den hohen Anteil von Aufführungsminuten in Abonnement-Konzerten, die Werken aus Epochen gewidmet sind, in denen Frauen von der Kompositionspraxis systematisch ausgeschlossen waren.

Der Frauenanteil auf dem Dirigierpult in Abonnementreihen beträgt 7 %. Dieser Anteil ist zwar im Steigen begriffen, gibt aber dennoch Anlass zur Sorge. Der Anteil der Frauen, die als Dirigentinnen bei Berufsorchestern engagiert sind, ist im Vergleich zum Anteil der Frauen, die dieses Fach studieren gering, wie aus einer Statistik des Deutsches Musikinformationszentrums aus dem Jahr 2019 hervorgeht. Diese Diskrepanz ist ein Indiz für die nach wie vor bestehenden Barrieren bzgl. der Professionalisierung von Frauen im Bereich des Dirigierens, zumindest im Kontext des Berufsorchesters.

Der breite Überblick über Frauen in Positionen mit hoher Sichtbarkeit in deutschen Berufsorchestern, den der Bericht liefert, kann als Informationsgrundlage für die Umsetzung systemischer Bemühungen dienen, zum einen um die historischen Ungerechtigkeiten zu korrigieren, die sich immer noch in Berufsorchestern manifestieren, zum anderen um als Maßstab für die Messung ihrer Wirksamkeit zu dienen. Eine anschließende intersektionale Forschungsstudie (Projekt-Unterseite bei musica femina münchen) ist in Arbeit, um die Inklusion in Berufsorchestern im Hinblick auf die vielfältigen Aspekte der Identität neben dem Geschlecht zu untersuchen.

Weitere Informationen, einen Link zu Infografiken, zur Studie von Melissa Panlasigui sowie zu einer Umfrage für Orchestermusiker*innen und Führungspersonal finden Sie auf der Projekt-Webseite von musica femina münchen.